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Verbindliche Sprachstandserhebungen und Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung

Das „Gesetz zur Einführung und Durchsetzung verbindlicher Sprachstandserhebungen und Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung“ wurde am 16. Dezember 2024 veröffentlicht und ist am 17. Dezember 2024 in Kraft getreten. 

Damit wurden auch das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) und die Kinderbildungsverordnung (AVBayKiBiG) geändert.

Wesentlicher Inhalt

Bereits bis zu der Neuregelung waren alle staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen verpflichtet, den Sprachstand der betreuten Kinder in bzw. ab der ersten Hälfte des vorletzten Kindergartenjahres zu erheben, § 5 Abs. 2 Satz 1 bzw. Abs. 3 Satz 1 Kinderbildungsverordnung (AVBayKiBiG).

Das „Gesetz zur Einführung und Durchsetzung verbindlicher Sprachstandserhebungen und Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung“ soll sicherstellen, dass der Sprachstand aller Kinder (d.h. auch der Kinder, die keine Kindertageseinrichtung besuchen) rechtzeitig vor der Einschulung erhoben wird.

Die Grundschulen erheben hierfür – neben der weiterhin durchzuführenden Sprachstandserhebung in den staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen – den Sprachstand aller Kinder 1,5 Jahre vor der Einschulung (sog. „Sprachscreening“).

Dazu werden alle Kinder dieser Alterskohorte zu einem Sprachscreening von der jeweiligen Sprengelgrundschule eingeladen.

Das Sprachscreening an den Grundschulen erfolgt erstmals im März 2025. Dabei kommt das neu entwickelte Instrument „Bayerisches Sprachscreening des individuellen Sprachförderbedarfs – BASIS“ zum Einsatz.

Ausnahmen zur Teilnahme am Sprachscreening durch die Grundschule

Eine Verpflichtung zur Teilnahme am Sprachscreening der Grundschule besteht für ein Kind nicht, wenn die Eltern der Grundschule eine schriftliche Erklärung

  • einer staatlich geförderten Kindertageseinrichtung vorlegen, die bestätigt, dass das Kind die Einrichtung besucht und nach SISMIK bzw. SELDAK keinen erhöhten Sprachförderbedarf in der Sprache Deutsch hat.
    • Das bedeutet: Eltern von Kindern mit Sprachförderbedarf nach SISMIK bzw. SELDAK erhalten keine solche Erklärung von der staatlich geförderten Kindertageseinrichtung. Sie gehen mit ihrem Kind an die Sprengelgrundschule zum Sprachscreening.
  • einer Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) oder Heilpädagogischen Tagesstätte (HPT) vorlegen, die bestätigt, dass das Kind die Einrichtung besucht.

Die Erklärungen sind bis 31. Januar den Eltern auszuhändigen.

Entsprechende Vorlagen für die Erklärungen der staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen/SVE/HPT wurden an die Aufsichtsbehörden (Jugendämter, Regierungen) und Träger übermittelt. Kindertageseinrichtung/SVE/HPT, die diese noch nicht erhalten haben, wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Aufsichtsbehörde.

Vorgehen bei festgestelltem Sprachförderbedarf durch die Grundschule

Zeigt das Ergebnis des Sprachscreenings einen erhöhten Sprachförderbedarf, wird das Kind von der zuständigen Grundschule verpflichtet, eine staatlich geförderte Kindertageseinrichtung mit einem integrierten Vorkurs Deutsch 240 zu besuchen (Mindestbuchungszeit von über drei Stunden täglich).

Eine solche Verpflichtung erfolgt nicht, wenn ein Sprachdefizit nicht auf mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache, sondern auf ein Defizit aufgrund eines festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfs oder einer Behinderung zurückzuführen ist.

Was bleibt gleich für die staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen?

Sprache ist der Schlüssel für Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe. Daher ist die sprachliche Bildung und Förderung seit vielen Jahren Schwerpunkt jeder staatlich geförderten Kindertageseinrichtung und gesetzlich verankertes Bildungs- und Erziehungsziel. Die Sprachliche Bildung und Sprachförderung ist und bleibt verbindliches Bildungsziel in Kitas.

Die staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen sind folglich auch weiterhin zur Durchführung der Sprachstandserhebungen verpflichtet. Die Sprachstandserhebung durch die Kindertageseinrichtung stellt hierbei eine Langzeitbeobachtung dar, die ab der ersten Hälfte des vorletzten Kindergartenjahres vor Eintritt der Schulpflicht beginnt.

Für die Sprachstandserhebung stehen den Kindertageseinrichtungen auch weiterhin folgende Beobachtungsinstrumente zur Verfügung:

  • SISMIK-Kurzversion (zweiter Teil des Bogens „Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen [SISMIK] – Sprachliche Kompetenz im engeren Sinn [deutsch]“) wird verwendet, wenn beide Eltern nicht-deutschsprachiger Herkunft sind.
  • SELDAK-Kurzversion („Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern [SELDAK]“) wird verwendet, wenn zumindest ein Elternteil deutschsprachiger Herkunft ist.

Die Kurzversionen der Bögen können als digital ausfüllbare Dokumente kostenlos über die IFP-Website heruntergeladen werden: SISMIK-Kurzversion und SELDAK-Kurzversion.

Aus rechtlicher Sicht müssen nur die SISMIK und SELDAK-Kurzversionen einmal ausgefüllt werden. Ihre Anwendung ist nach Art. 19 Nr. 10 Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) Fördervoraussetzung für Kindertageseinrichtungen.

Fachlich handelt es sich um lern- und entwicklungsbegleitende Verfahren, die eine regelmäßige Nutzung für Entwicklungsgespräche mit Eltern und für die individuelle Planung pädagogischer Angebote für das einzelne Kind vorsehen. Dies bedeutet, SISMIK bzw. SELDAK sind für jedes Kind möglichst prozessbegleitend und in der vollständigen Version auszufüllen.

Aufgaben der staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen

  • Frist: Die Sprachstandserhebungen mit SISIMIK und SELDAK sind spätestens bis 31. Januar des jeweiligen vorletzten Kindergartenjahres vor Beginn der Schulpflicht durchzuführen, Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayKiBiG und § 5 Abs. 2 AVBayKiBiG (= Fördervoraussetzung).
  • Schriftliche Erklärung: Wurde im Rahmen der Sprachstandserhebung der staatlich geförderten Kindertageseinrichtung nach SISMIK bzw. SELDAK festgestellt, dass das Kind keinen erhöhten Sprachförderbedarf hinsichtlich der deutschen Sprache hat, müssen die Kindertageseinrichtungen den Eltern bis 31. Januar des vorletzten Kindergartenjahres vor Beginn der Schulpflicht eine schriftliche Erklärung darüber ausstellen, Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayKiBiG (= Fördervoraussetzung).
    • Eine Vorlage für die Erklärung wurde an die Aufsichtsbehörden (Jugendämter, Regierungen) und Träger übermittelt. Sollten Kindertageseinrichtung diese noch nicht erhalten haben, wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Aufsichtsbehörde.
  • Die staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen sollen für Kinder, die durch die Grundschule zum Besuch einer Kindertageseinrichtung mit einem integrierten Vorkurs Deutsch 240 verpflichtet wurden, einen Vorkurs Deutsch 240 anbieten und durchführen, Art. 15 Abs. 2 Satz 3 BayKiBiG (= Fördervoraussetzung).
  • Die staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen müssen den Eltern zum Zwecke der Vorlage bei der Grundschule eine Bestätigung (Vorlage wird rechtzeitig vom StMAS zur Verfügung gestellt) über die Aufnahme eines Kindes mit Besuchs- und Sprachförderpflicht ausstellen. Aus dieser Bestätigung muss zugleich hervorgehen, dass der Träger der Kindertageseinrichtung von der Besuchs- und Sprachförderpflicht Kenntnis genommen hat, Art. 15 Abs. 2 Satz 5 BayKiBiG (= Fördervoraussetzung).
  • Träger von Kindertageseinrichtungen müssen Verstöße gegen die ihnen bekannten Anordnungen der Besuchs- und Sprachförderpflicht an die Sprengelgrundschule melden, Art. 15 Abs. 2 Satz 6 BayKiBiG (= Fördervoraussetzung).

Zeitliche Übersicht über die einzelnen Schritte

Vorletztes Kita-Jahr vor Einschulung

  • Bis 10. September (im ersten Durchlauf bis Ende Dezember 2024): Übermittlung der Daten der zum Sprachscreening einzuladenden Kinder von den Meldebehörden an die Sprengelgrundschulen. Das sind die Kinder, die bis zum 30. September des auf die Datenübermittlung folgenden Kalenderjahres fünf Jahre alt werden, also zwei Jahre vor dem regulären Beginn der Schulpflicht stehen.
  • Mitte September/Oktober (im ersten Durchlauf Januar 2025): (Mehrsprachige) Information der Eltern durch die Sprengelgrundschule über die Verpflichtung zur Teilnahme am Sprachscreening (und über die Befreiung davon bei Vorlage einer Erklärung der staatlich geförderten Kindertageseinrichtung/SVE/HPT).
  • September bis 31. Januar: Sprachstandserhebung in den staatlich geförderten Kindertageseinrichtungen mit Kurzversion SISMIK/SELDK für Kinder im vorletzten Kindergartenjahr.
  • Bis 31. Januar: Ausstellung der schriftlichen „Erklärung der staatlich geförderten Kindertageseinrichtung/SVE/HPT zur Vorlage bei der Sprengelgrundschule“ für die Eltern.
  • Ab Ende Januar/Februar: Organisation und Beginn des Kita-Anteils des Vorkurs Deutsch 240. Meldung der Vorkurs-Kinder an Jugend-/Schulamt und Grundschule. Grundlage für die Entscheidung, ob ein Kind am Vorkurs teilnehmen soll, ist zunächst das Ergebnis der Sprachstandserhebung nach SISMIK bzw. SELDAK durch die staatlich geförderte Kindertageseinrichtung.
  • Im Februar bis März (im ersten Durchlauf vsl. nur im März): Durchführung des Sprachscreenings an der Sprengelgrundschule.
  • Bis Ende März: Verpflichtung der Kinder mit Sprachförderbedarf zum Besuch einer Kindertageseinrichtung mit integriertem Vorkurs durch Sprengelgrundschule (Bescheid). Die Verpflichtung umfasst auch die Suche nach und die Annahme eines geeigneten Kindergartenplatzes durch die Eltern.

Letztes Kita-Jahr vor Einschulung

  • Ab September bis Ende des Kita-Jahres: Beginn des schulischen Anteils im Vorkurs Deutsch 240. Kita-Anteil wird fortgeführt.
  • Bis September: Eltern von verpflichteten Kindern müssen Platz in staatlich geförderter Kindertageseinrichtung mit integriertem Vorkurs Deutsch 240 belegen (die staatlich geförderte Kindertageseinrichtung stellt eine entsprechende Vorlage aus). Alternativ: Nachweis der Eltern gegenüber Sprengelgrundschule, warum trotz zumutbarer Bemühungen um einen Platz in einer staatlich geförderten Kindertageseinrichtung keine Aufnahme erfolgte.
  • März: Schulanmeldung.